Neue Kursreihe «Informiert ins Konzert»: Fünf Fragen an Marc Kilchenmann, Kursleiter Musikgeschichte

Die neue Kursreihe «Informiert ins Konzert» taucht in Berns lebendige Szene moderner klassischer Musik ein: Jeweils ein Kursabend bereitet auf ein in Bern stattfindendes Konzert vor, berücksichtigt werden verschiedenste Veranstalter. Dabei werden Werk und Biografie der aufgeführten Komponistin, des aufgeführten Komponisten in einen grösseren Kontext gestellt und beleuchtet.

Lesen Sie dazu unser Interview mit Marc Kilchenmann, Kursleiter der Kursreihe.

Warum ist die Szene neuer Musik in Bern deiner Meinung nach so interessant?
Langeweile! Bern ist zwar nicht mehr ganz so verschlafen, wie in den 1980ern, aber immer noch verschlafen genug, denn Langeweile ist ein wunderbarer Motor für Kreativität. Ich habe u. a. auch in Paris gelebt und dort wurde ich dermassen zugeballert, dass ich gar nicht mehr dazu kam, eigene Musik zu schreiben. Ein anderer Grund ist die alles andere als verschlafene Hochschule der Künste. Neue Musik gehört zur DNA der HKB. Ich darf jedes Jahr neue Studierende erleben, die mit ihren Ideen und Fragen die Szene beleben.

Neue Musik ist doch anstrengend zum Zuhören und schwer zu verstehen, was hat man davon?
Lass mich mit einer Gegenfrage antworten: Verstehst du Mozart? Ich verstehe ihn nicht. Mir bleibt vieles in seiner Musik unerklärlich, obschon ich ein grosses Wissen habe. Wenn wir mit voller Aufmerksamkeit zuhören, dann ist jede Musik anstrengend. Ich sehe das allerdings positiv, denn im besten Fall schüttet mein Körper sogar Endorphine aus – und ich habe bestimmt etwas gelernt.

Welches Stück, welche:r Komponist:in ist dein Liebling und warum?
Uff, da gibt es viele. Wenn ich nur einen nennen darf, dann wäre das Hermann Meier (1906–2002). Völlig unbeachtet schuf er in der Abgeschiedenheit des Schwarzbubenlandes ein Werk, dass mich in seiner Radikalität immer wieder erschüttert. Aber ein Name alleine reicht nicht, deshalb erwähne ich noch drei Frauen, deren Musik mich begeistert: Éliane Radigue und ihre umwerfende Trilogie de la mort, die gemeisselten Klaviersonaten von Galina Ustwolskaja und die einfachen Linienstrukturen von Chiyoko Szlavnics.

Welche musikalische Neuentdeckung, die du gemacht hast, kannst du uns empfehlen?
Ich möchte keine Namen nennen, ich möchte nur die Empfehlung abgeben, mit offenen Ohren durchs Leben zu gehen, es lohnt sich.

Wie gehen die Teilnehmenden – idealerweise – nach deinem Kurs ins Konzert?
In meinem Kurs versuche ich zu vermitteln, was mich an der jeweiligen Komponist:in begeistert und wie ich diese Musik höre. Idealerweise kennen die Kursteilnehmer:innen Hörstrategien, die es ihnen erlaubt, auch unbekannte Klänge geniessen zu können.

Die erste Kursreihe «Informiert ins Konzert» startet am 13. Januar mit Mathias Spahlinger, einer der profiliertesten und umstrittensten Figuren der neuen Musik. Verpassen Sie diese Gelegenheit nicht und melden Sie sich an!